Toni - Old but Gold - Erzähl mir deine Geschichte
Aktualisiert: 9. Apr. 2021
" Könnte ich ihn doch nur fragen..."
Es ist der 11. Mai 2018.
Es ist ein sehr warmer und sonniger Tag. Die Vögel zwitschern und ich liege mit meinem 12 Jahre alten weißen Schäferhund "Toni" in unserem Garten. Er liegt an seiner Lieblingsstelle unter einem Busch im Schatten. Er sieht glücklich und zufrieden aus. Ich gebe ihm ab und zu eines seiner Lieblingsleckerlies und streichle ihn.

Gestern habe ich mich entschieden Toni für immer gehen zu lassen.
Schon vor einiger Zeit habe ich ihm versprochen, dass ich auf keinen Fall möchte, dass er leidet. Tatsächlich habe ich Gespräche mit ihm geführt und ihn darum gebeten, dass er mir ein Zeichen gibt, wenn er nicht mehr kann.
Gestern bin ich noch einmal mit ihm zu seiner Lieblingsstelle gefahren. Ich wollte wissen, ob es in ihm die Lebensgeister weckt. Ist da noch was? Eine Funke der überspringt, wie es immer war, sobald wir an diesen Ort kamen?
Wir sind angekommen an diesem wunderschönen Platz, mit seinen weiten Wiesen und den Bäumen. Ich habe das Auto geparkt, half ihm aus dem Kofferraum und er ist den kleinen Damm hochgewackelt - und stand. Er ging einmal kurz nach links, senkte den Kopf um zu schnuppern und stand dann wieder an einer Stelle. Ohne Regung. Ich merkte, er möchte nicht laufen. Er hatte Schmerzen. Irgendwann kam er auf mich zu gehumpelt. Er blieb vor mir stehen, schaute hoch zu mir.
Sein Blick sagte unmissverständlich :"Du, ich mag nicht mehr."
Ein Traum wurde wahr
Aber jetzt erstmal zurück ganz auf Anfang.
Toni kam zu uns im Dezember 2005, kurz vor Silvester. Es war eine Nacht-und-Nebel-Aktion von meinem damaligen Partner. Tatsächlich war ich stinksauer, denn im Gegensatz zu ihm wusste ich, welche Verantwortung nun auf mir lag.
Ich wusste nix von den Plänen meines Exfreundes. Er fuhr zu einem privaten Züchter ins Allgäu und packte den einzigen Zurückgebliebenen des Wurfes ein. Die ersten Wochen seines Lebens verbrachte Toni auf einem Bauernhof. Dort wurde er geboren. Viel mehr weiß ich nicht.
Das erste Mal begegneten wir uns, als ich zum Auto gerufen wurde und mein Exfreund mit dem Ausruf: " Überraschung!" die Autotür öffnete und hinten auf der Rückbank in einem Korb mich ein plüschig, weißes Fellknäuel neugierig anschaute.

Mein Gefühl schwankte zwischen Entzücken und Wut. Denke dies war auch die Mischung aus denen meine Tränen entstanden. Blitzartig wurde mir klar, dass sich mein Leben nun verändern wird und ich dieses kleine Geschöpf niemals wieder gehen lasse.
Die kommende Zeit mit Toni war wunderbar. Er war ein neugieriger kleiner Kerl, der liebenswert und pfiffig durch die Welt ging. Seinen Namen bekam er tatsächlich wegen Toni Schumacher, der deutsche Profitorhüter. Wenn ich damals mit ihm Fußball spielte, ging kein Ball ins Tor.
Toni war für mich mein erster eigener Hund. Da wollte ich alles richtig machen.
Bis eine Hundeschule gefunden wurde, die mit Trainingsmethoden arbeitete, mit denen wir uns identifizieren konnten, verging eine halbe Ewigkeit.
Toni und ich waren bald nur noch zu zweit. Die Beziehung brach auseinander und nach einem kurzen Trennungshund-Drama, lebte Toni bei mir.
Alles andere hätte ich auch niemals zugelassen.
Vom rebellischen Teenie zum Streber
Die anfängliche Entspanntheit und das treue Hinterhergetapse schlug ganz schnell in rüpelhaftes Verhalten in der Pubertät um. Alles normal denkt man sich. Trotzdem war das für mich eine wirklich anstrengende Zeit. Ich führte sogar ein Tagebuch. Wenn ich jetzt manchmal darin lese muss ich schmunzeln. Hätte ich da gewusst, dass es tatsächlich nur eine Phase war und Toni mir viele Jahre als - ja - fast Streber schenkte.
Ich nannte ihn gerne Streber. Er wollte gefallen, was natürlich auch an seinem Schäferhund-Gen lag. Ganz bestimmt. Toni und ich wurden ein tolles Team. Er begleitete mich fast überall hin.
Eine schöne Erinnerung sind unsere gemeinsamen Urlaube. Nordsee und Bretagne unter anderem.

Immer dabei war sein bester Kumpel Gizmo auch ein weißer Schäferhund.
2009 kam meine Tochter zur Welt und Toni wurde gleich in alles mit eingebunden. Er lag neben uns, wenn ich meine Tochter stillte und er harrte aus, wenn die Nächte mal durchgeschrien wurden. Meine Tochter wurde mit Toni groß und Toni akzeptierte das neue Familienmitglied sehr schnell. Toni war ein Beschützer. Schon alleine seine Erscheinung ließ manchmal Menschen, die uns entgegenkamen die Straßenseite wechseln. Oder aber es gab Ausrufe wie: "Schau mal Mama. Ein Eisbär!" oder "Ein Wolf!" Ohne Frage, diese Rasse fasziniert und es gab viele Bestauner, die stehen blieben und Toni bewunderten. Tatsächlich weiß ich nicht, ob ich mich jemals für diese Rasse entschieden hätte, hätte ich mir selbst einen Hund geholt. Die Absicht meines damaligen Freundes war sicherlich vor allem genau diese Bewunderer hervorzulocken.

Toni war ein Schlichter. Er hatte eine wunderbare Art zu vermitteln und zu kommunizieren. Ganz klar und liebevoll.
Er kam dadurch selbst mit schwierigen Hunden sehr gut klar und war ein gerngesehener Gassibegleiter.
Seine Geduld und Ruhe halfen mir auch, als ich mich 2015 entschied, Tierfotografie anzubieten. Mein erstes Model war natürlich Toni.
Ich weiß, dass er es nicht gerne gemacht hat, aber tat es, weil er spürte, dass es wichtig für mich war. Dafür danke ich ihm heute noch.
Und es gab noch den anderen Toni, der den Schelm im Nacken hatte und unglaublich gerne Späße trieb.
Er war verspielt und forderte einem regelrecht auf Faxen zu machen. Ich stieg da nur zu gerne mit ein.
Die alten Tage sind etwas ganz besonderes
Toni war ein gesunder Kerl. Keine Hüftdysplasie oder sonstige Erkrankungen. Kleine Verletzungen wie eine aufgeschnittene Pfote waren schon das Schlimmste.
Irgendwann kamen dann die Alterserscheinungen. Die Augen wurden trüber und ich bemerkte, dass Toni öfter mal Baumstümpfe und Straßenschilder anbellte. Bekannt ist, dass weiße Hunde eher zu Blindheit neigen und ich hatte schon so meine Befürchtungen. Aber ein Besuch bei einer Tieraugenärztin zeigte, dass Toni an einer ganz normalen Alterstrübheit der Augen litt.
